Sehr geehrter Herr Kleinknecht,
sehr geehrte Mitglieder des Altstadtvereins Alzey,
sehr geehrte Damen und Herren,
ich danke Ihnen sehr herzlich für die Einladung zu Ihrer Feier aus Anlass des 40-jährigen Jubiläums des Altstadtvereins Alzey. Ich bedauere sehr, dass ich nicht an der Feier teilnehmen kann. In Gedanken bin ich jedoch in Alzey und gratuliere Ihnen sehr herzlich zu diesem wunderbaren Jubiläum.
Ich bin Alzey besonders verbunden. Es ist meine Heimat. Hier bin ich aufgewachsen, im Haus meiner Eltern in der Münch-Braun-Straße. Mein Schulweg führte mich durch die winkligen Gassen der Alzeyer Altstadt, vorbei an dem Altstadthaus, das Sie vor dem Abriß retten konnten, vorbei an dem Haus Heimerle, das nicht mehr gerettet werden konnte. Welcher Verlust, denke ich heute noch, wenn ich in Alzey bin.
Als Mitte der siebziger Jahre bekannt wurde, dass im Rahmen einer „Altstadtsanierung“ neue innerstädtische Verkehrswege geplant waren, die durch ihre Dichte und Größe einen beträchtlichen Teil des historischen Stadtzentrums wesentlich verändern und zerstören würden, wurde am 1. Februar 1976 der Altstadtverein Alzey e.V. gegründet.
Am Anfang stand der Vortrag von Wulf Kleinknecht: Alzey darf nicht sterben! Dieses Motto gibt klar die Motivation und Richtung des Altstadtvereins wieder. Und so ist es Ihnen gelungen, der Alzeyer Altstadt und damit Alzey als Ganzem wieder Leben einzuhauchen. Dafür gebührt Ihnen mein besonderer Dank!
Der Altstadtverein hat sich von Anfang an als gemeinnützige Bürgerinitiative für die Bewahrung erhaltenswerter Bausubstanz und gegen unüberlegte Abrisse eingesetzt. Mit über 700 Mitgliedern tragen Sie auch heute noch wesentlich dazu bei, dass das historische Alzeyer Stadtbild erforscht und erhalten wird. Sie leisten damit einen wichtigen Beitrag zum Schutz des kulturellen Erbes unserer Stadt. Und stärken damit kulturelle Werte und Identität, das Heimatgefühl sowie den sozialen Zusammenhalt der Menschen in Alzey und in Rheinhessen.
Meine historischen und persönlichen Erfahrungen in und um Alzey haben mich geprägt, Römerkastell, Volker von Alzey, Alzeyer Schloss und Pfalzgrafen, Mont-Tonnerre und Kaiserstraße, Elisabeth Langgässer und jüdisches Leben, Zeugnisse der Industrialisierung und des Landmaschinenbaus verbunden mit dem Namen meiner Familie, ebenso wie das Deutsche Haus mit dem Volker-Brunnen.
All das mag mich auch besonders motivieren für meinen Arbeitsschwerpunkt: Der Schutz und Erhalt von Kulturerbe steht im Fokus meiner Arbeit im Auswärtigen Amt. Angesichts der vielen Krisen und Konflikte in der Welt bin ich überzeugt, dass wir kulturelle Werte und Identitäten und den sozialen Zusammenhalt weltweit stärken müssen. Ich habe daher gerne von 2014 bis 2015 das Amt der Präsidentin des UNESCO-Welterebekomitees in Paris übernommen.
Das war ein besonders sichtbares und wichtiges Zeichen für unser zivilgesellschaftliches und politisches Engagement für den Schutz und Erhalt kulturellen Erbes.
Auf dieses Engagement und diese Expertise kommt es besonders dann an, wenn Kulturgüter durch Krieg und Terror in Gefahr sind. Wie etwa im Irak und in Syrien, wo antike Monumente die kulturelle Identität und das kollektive Gedächtnis einer ganzen Region prägen, der menschenverachtenden Terrororganisation „Islamischer Staat“ zum Opfer fallen.
Ich habe die deutsch-irakische Initiative für eine Resolution der Generalversammlung der Vereinten Nationen in New York unterstützt, mit der die bewusste Zerstörung von Kulturgütern als Kriegsverbrechen gekennzeichnet und weltweit strafrechtlich verfolgt werden können.
Bei der Welterbekonferenz im vergangenen Sommer in Bonn habe ich die Initiative für die Bonner Erklärung ergriffen, die alle Staaten zu effektiverem Schutz des Weltkulturerbes aufruft.
Gerne habe ich mich dafür eingesetzt, dass wir im Auswärtigen Amt ein geeignetes Instrument für internationale Krisenfälle schaffen. Mit dem Archaelogical Heritage Network unter Leitung des Deutschen Archäologischen Instituts bringen wir deutsche Archäologen, Denkmalpfleger und Bauforscher zusammen, die Maßnahmen zum Schutz gefährdeter Kulturstätten ergreifen können, soweit es die Sicherheitslage erlaubt.
Meine Damen und Herren,
wer Kulturgüter schützt und erhält, sichert den sozialen Zusammenhalt und schafft Stabilität. Der Schutz und Erhalt von Kultur ist kein Luxus. Er ist eine Grundvoraussetzung für eine nachhaltige soziale, ökonomische und ökologische Entwicklung unserer Welt. Und an vielen Orten dieser Welt auch die Grundvoraussetzung für Stabilität, Frieden und Sicherheit.
Daher danke ich Ihnen ganz herzlich für Ihr großes kulturelles Engagement. Es ist für Alzey und unsere rheinhessische Heimat, aber auch weit darüber hinaus von grundlegender Bedeutung. Und ich bestärke Sie darin, auch in Zukunft für den Schutz und Erhalt der Schätze unserer Alzeyer Altstadt einzutreten.
Für die nächsten Jahre wünsche ich Ihnen weiterhin viel Erfolg für Ihre so wichtige Arbeit und für heute eine gelungene Jubiläumsfeier!