Lesen Sie hier die Rede von Staatsministerin Prof. Dr. Maria Böhmer MdB anlässlich ihres Neujahrsempfangs 2017 im Palatinum Mutterstadt am 7. Februar 2017.
Es gilt das gesprochene Wort!
Sehr geehrte Damen und Herren,
liebe Freundinnen und Freunde,
wer mich kennt, der kennt auch diesen Satz meiner Lieblingsschriftstellerin Monika Maron:
„Man muss im Leben immer für neue Anfänge sorgen, glückliche Anfänge!“
Neue Anfänge wagen – das heißt für mich, auf Bewährtes aufbauen, Erfahrungen einbringen, neugierig sein, Türen aufstoßen und neue Wege ausloten. Genau das macht den Reiz der Politik aus: nicht stehen bleiben, sondern sich den neuen Herausforderungen stellen. So verstehe ich meinen Entschluss, nach 27 Jahren nicht mehr für den Bundestag zu kandidieren, auch als Chance für neue Anfänge. Heute ist nicht der Zeitpunkt, Bilanz zu ziehen. Acht Monate als Ihre Bundestagsabgeordnete liegen noch vor mir. Und vor gerade erst zehn Tagen habe ich aus der Hand des neuen Außenministers Sigmar Gabriel meine neue Urkunde als Staatsministerin erhalten. Zweimal in einer Legislaturperiode zur Staatsministerin ernannt zu werden, damit hätte ich auch nicht gerechnet.
So ist dieser Neujahrsempfang der Auftakt in ein mehr als spannendes Jahr. Sie können sich darauf verlassen: Ich werde mich wie bisher mit aller Kraft und vielen Ideen für Ihre Anliegen einsetzen. Es macht einfach Freude, mit Ihnen für diesen Wahlkreis und seine Menschen zu arbeiten. In meinem Rückblick in Bildern haben Sie Vertrautes und Neues gesehen. Zugleich möchte ich Sie auf neue Anfänge im Jahr 2017 neugierig machen.
Dabei sind mir drei Punkte für meine Arbeit hier im Wahlkreis besonders wichtig. Mein erstes Stichwort: „Pflege“ und ich füge bewusst hinzu „selbstbestimmtes Leben im Alter“. Neu im Bundestag habe ich an der Einführung der Pflegeversicherung 1995 mitgearbeitet. Seitdem hat mich das Thema nicht mehr losgelassen. Denn die Betreuung hilfebedürftiger Angehöriger ist in vielen Familien ein großes Thema. Nach mehr als 20 Jahren stand jetzt eine umfassende Reform der Pflegeversicherung an. Mir kam es dabei darauf an, dass wir die richtigen Antworten geben. Deshalb hatte ich Karl-Josef Laumann, den Pflegebeauftragten der Bundesregierung, nach Ludwigshafen eingeladen. Seit Januar 2017 ist die Pflege jetzt passgenauer, werden Demenzkranke gleichberechtigt einbezogen, werden pflegende Angehörige entlastet und sozial besser abgesichert. Der Erhalt der Selbständigkeit im Alter steht im Mittelpunkt. Dazu gehört, so lange wie möglich in der vertrauten Umgebung wohnen zu können. Das alles kostet viel Geld, aber ich bin der Überzeugung: Bessere Pflege ist jeden Euro wert!
Um möglichst lange fit und gesund zu bleiben, ist eines besonders wichtig: die Gesundheitsvorsorge. Viele Herz-Kreislauferkrankungen beispielsweise könnten verhindert werden – durch bessere Vorbeugung und rechtzeitiges Hören auf die Warnsignale. Um dieses Anliegen bei uns in der Pfalz voranzubringen, will ich zukünftig verstärkt im Kuratorium der Stiftung Institut für Herzinfarktforschung in Ludwigshafen mitarbeiten.
Mein zweiter Punkt ist Integration, und zwar Integration von Anfang an, egal ob die Flüchtlinge bleiben oder wieder in ihr Heimatland zurückkehren. Integration von Anfang an hilft, sich möglichst schnell in Deutschland einzufinden, hilft aber auch den Rückkehrern, ihr Heimatland wiederaufzubauen und dort eine Perspektive zu haben. Das sind die zwei Seiten der Medaille Integration.
Integration ist keine Kurzstrecke. Aber wir sind hier in Ludwigshafen, Frankenthal und im Rhein-Pfalz-Kreis für diesen Marathon gut trainiert. Wir können auf die Erfahrungen aufbauen, die wir auf Bundesebene und hier vor Ort in den letzten zehn, zwölf Jahren gesammelt haben. Denn die Union hat in der Integrationspolitik umgesteuert: „Fördern und Fordern“ – das war mein Motto als Integrationsbeauftragte und das ist jetzt der Leitgedanke des ersten Integrationsgesetzes, das Bundesregierung und Bundestag im vergangenen Jahr auf den Weg gebracht haben. Dennoch: Ohne bürgerschaftliches Engagement wird Integration nicht gelingen. Die notwendigen rechtlichen Regelungen kann, ja muss der Staat treffen.
Ebenso müssen Bund und Länder für ausreichende finanzielle Mittel sorgen. Allein 2016 waren das fast 10 Milliarden Euro an Bundesmitteln. Aber die entscheidenden Weichenstellungen geschehen vor Ort. Umso mehr freue ich mich, dass das bürgerschaftliche Engagement im Wahlkreis nach wie vor unglaublich groß ist. Doch so manches Mal habe ich mich gefragt, wer weiß, was wo von wem gemacht wird? Sind die vielen Initiativen miteinander in Kontakt? Können sie ihre Erfahrungen austauschen und voneinander lernen? Für die Idee, einen Bildungskoordinator einzusetzen, musste ich deshalb bei unserem Landrat keine große Überzeugungsarbeit leisten.
Lieber Clemens Körner,
Du hast angepackt und nun gibt es einen Bildungskoordinator im Rhein-Pfalz-Kreis. Er wird vom Bund finanziert und bringt die Projekte, aber vor allem die Menschen zueinander. Wir brauchen solche Netzwerke für Sprache, Bildung und Ausbildung. Das ist richtungsweisend!
Seit Ende 2016 engagiere ich mich in der START-Stiftung, die Teil der großen Hertie-Stiftung ist. Sie vergibt Stipendien an begabte junge Migranten. Bei der Aufnahmefeier fragte mich ein junger Flüchtling: Was heißt Integration? Er hat mit seiner Frage den Kern getroffen. Es geht um mehr als Spracherwerb, Bildung, Ausbildung, Arbeit. Integration, das heißt Ja-sagen zu Deutschland, zu unseren Werten und Regeln, zu unserer Kultur und unserer Geschichte, zu unserer Demokratie und unserem Rechtsstaat. Wie können wir Menschen, die aus einem anderen Kulturkreis kommen, die nie in einer Demokratie, in einem Rechtsstaat gelebt haben, die in einer patriarchalischen Gesellschaft aufgewachsen sind, wie können wir Ihnen unsere Werte und Regeln vermitteln? Deshalb habe ich direkt zu Beginn des neuen Jahres auf Einladung der hessischen Justizministerin Kühne-Hörmann in Kassel den Kurs „Fit für den Rechtsstaat“ besucht: Richterinnen und Richter, Staatsanwältinnen und Staatsanwälte gehen in Erstaufnahmeeinrichtungen und vermitteln die Grundlagen unseres Rechtsstaats. Sie tun dies übrigens ehrenamtlich und mit hoher Glaubwürdigkeit. Genau das ist es, worauf es ankommt! Ich werbe dafür, dass wir ein solches Projekt auch im Wahlkreis auf den Weg bringen.
Lieber Christian Baldauf, liebe Marion Schneid
als Landtagsabgeordnete, lieber Theo Wieder als Vorsitzender des Bezirkstags der Pfalz – lasst uns das gemeinsam angehen. So kann Integration von Anfang gelingen!
Damit komme ich zu meinem dritten Punkt, dem Ehrenamt. Wir alle wissen: Das Leben in unseren Gemeinden spielt sich in den Vereinen ab. So war das zumindest bisher. Aber ich höre zunehmend: Wir haben in den Vereinen Probleme. Es fehlt der Nachwuchs. Die Bürokratie nimmt überhand. Ob Feuerwehr, Gesangsverein oder Sportverein – die Klagen häufen sich, vor allem wenn es um Steuern geht. Das hat mich nicht sehr überrascht. Denn wer klagt nicht über Steuern?
Aber nachdem ich mit Experten vom Finanzamt in Ludwigshafen und Verbandsvorsitzenden aus Rheinland-Pfalz gesprochen habe, will ich die Steuerfrage mit meinen rheinland-pfälzischen Bundestagskolleginnen und -kollegen der CDU-Landesgruppe abklopfen. Mein Ziel ist es, die Vereine zu stärken, besonders im ländlichen Raum. Denn ehrenamtliches Engagement ist das, was unsere Gesellschaft zusammenhält.
Liebe Gäste,
das Jahr 2016 war aufreibend. In unserer Region gab es bittere und frohe Nachrichten. Bitter war das schreckliche Unglück auf dem Werksgelände der BASF: Drei Feuerwehrmänner und ein Matrose verloren ihr Leben. Ich war vor Ort und bin bis heute erschüttert vom Ausmaß der Zerstörung. Im Gespräch mit dem Vorstand habe ich betont: Ein Unternehmen wie die BASF lebt in hohem Maß vom Vertrauen – vom Vertrauen der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, aber auch vom Vertrauen der Bevölkerung. Nur durch Transparenz und lückenlose Aufklärung kann dieses Vertrauen wieder aufgebaut werden. Das ist auch eine Verpflichtung denjenigen gegenüber, die verletzt wurden oder ihr Leben verloren haben.
Und was waren die frohen Nachrichten?
- Große Erleichterung: Das Siemens-Werk wird in Frankenthal bleiben. Dafür haben wir alle an einem Strang gezogen. Und der Kampf war erfolgreich!
- Großes Aufatmen: Das berühmte Gemälde Ernst Ludwig Kirchners, kurz „Erna“ genannt, kann im Wilhelm-Hack-Museum in Ludwigshafen bleiben. Erna kann man eben nicht widerstehen. So ging es auch meiner Kollegin, Kulturstaatsministerin Monika Grütters, als ich sie auf die finanzielle Unterstützung des Bundes ansprach. Das Engagement für dieses außergewöhnliche Kunstwerk hat sich gelohnt.
Kultur, sie steht auch im Mittelpunkt meiner Arbeit als Staatsministerin im Auswärtigen Amt.
Was steckt dahinter?
Die Auswärtige Kultur- und Bildungspolitik ist mehr als ein schmückendes Beiwerk deutscher Außenpolitik. Sie ist eine ihrer tragenden Säulen. Und das gerade in schwierigen Zeiten: Politische Krisen, religiöse und ethnische Konflikte – wenn wir überhaupt die Chance zur Verständigung erhalten wollen, brauchen wir die Kultur- und Bildungspolitik. Deshalb war ich im November letzten Jahres gleich zweimal in die Türkei gereist: Ich habe die Internationale Buchmesse in Istanbul mit eröffnet und mich für die Freiheit des Wortes eingesetzt. Zuvor habe ich in Ankara die schwer unter Druck geratenen Redakteure der Zeitung Cumhuryiet besucht. Und ich traf Oppositionspolitiker – soweit das noch möglich war. Eine führende Vertreterin der HDP wurde in der Nacht vor meinem Besuch verhaftet. Keine Frage, die Zeiten sind mehr als schwierig. Aber umso wichtiger ist es, im Gespräch zu bleiben, für Demokratie und Rechtsstaatlichkeit einzutreten und die Zivilgesellschaft zu stärken.
Einer meiner Schwerpunkte ist der weltweite Einsatz für den Erhalt des kulturellen Erbes. Im April des vergangenen Jahres hat mich Außenminister Frank-Walter Steinmeier zur Sonderbeauftragten für UNESCO-Welterbe und die UNESCO-Kultur-, Bildungs- und Wissenschaftsprogramme ernannt. Das ist für mich Ansporn, noch intensiver für den Erhalt des kulturellen Erbes der Menschheit zu kämpfen. Denn dieses Erbe ist bedroht: durch Kriege, durch Raubgrabungen und illegalen Handel, auch zur Finanzierung des Terrors. Die Zerstörung unserer Vergangenheit gefährdet auch unsere Gegenwart und Zukunft. Deshalb dürfen wir nichts unversucht lassen, wenn es um den Schutz, Erhalt und Wiederaufbau des kulturellen Erbes geht. Es ist ein Engagement für Frieden und Sicherheit, für die Menschen und ihre kulturelle Identität.
Dazu habe ich im Juni in Berlin gemeinsam mit der UNESCO eine internationale Expertenkonferenz zum Schutz des syrischen Kulturerbes durchgeführt. Ich war beeindruckt, wie junge, von Krieg und Terror traumatisierte Syrer den Willen aufbringen, die Zukunft ihres Landes gemeinsam zu planen. Als ein syrischer Teilnehmer einen Landsmann fragte, zu welcher der zahlreichen politischen Gruppen er gehöre, war die Antwort: Ich gehöre zu Syrien. Dieser Geist von Gemeinsamkeit hat mich bewegt. Das gibt Hoffnung. Sie können sicher sein: Dafür werde ich mich weiter einsetzen. Schon morgen früh reise ich wieder zur UNESCO nach Paris.
Liebe Gäste,
2017 wird ein entscheidendes Jahr. Mit dem Amtsantritt des neuen US-Präsidenten Donald Trump, dem Brexit, den Konflikten in der Ukraine, in Syrien, im Irak, und dem Kampf gegen den internationalen Terrorismus nenne ich nur einige Stichworte für die Bandbreite der Herausforderungen. Vieles spricht dafür, dass wir es weiterhin mit keiner zufälligen Häufung von Krisen zu tun haben, sondern mit einer längerfristigen Phase des Umbruchs und der Neuordnung. Die Welt wird neu vermessen! Die Globalisierung entwickelt sich zur großen Herausforderung. In vielen Ländern haben die Menschen Angst, als Verlierer der Globalisierung dazustehen. Darum ist es wichtig, dass wir die Menschen mitnehmen. Dazu haben wir den Schlüssel in der Hand: Unsere Soziale Marktwirtschaft. Das verantwortungsvolle Zusammenwirken der Sozialpartner hat, wie Ludwig Erhard versprach, Wohlstand für alle gebracht. Das ist unsere Botschaft. Überall auf der Welt werbe ich für dieses deutsche Erfolgsrezept.
Liebe Gäste,
ein Jahr der Entscheidungen – das gilt auch für unsere Region. Am 5. März stellt sich unser Landrat Clemens Körner der Wiederwahl.
Lieber Clemens,
Deine erfolgreiche Arbeit ist der beste Rückenwind. Viel Erfolg!
Es folgen die Bürgermeisterwahl in Hessheim und die Verbandsbürgermeisterwahl in Maxdorf.
Lieber Herr Poje, Ihnen und auch Herrn Butsch wünsche ich ebenfalls viel Erfolg!
Die Blicke richten sich dann auf Ludwigshafen. Nachdem sich Eva Lohse ebenfalls entschieden hat, nicht mehr als Oberbürgermeisterin zu kandidieren, ist das Rennen um das Rathaus eröffnet.
Lieber Herr Dr. Uebel,
ich habe mich sehr gefreut, dass Sie bereit sind, Verantwortung für Ihre Heimatstadt zu übernehmen. Aus großer Überzeugung sage ich: Peter Uebel ist der beste Kandidat für Ludwigshafen.
Verantwortung übernehmen und sich mit aller Kraft für seine Heimat einsetzen – das möchte auch mein Nachfolger, Torbjörn Kartes.
Lieber Torbjörn Kartes,
100 Prozent Zustimmung bei der Nominierung – das war ein perfekter Auftakt für den Kampf um das Direktmandat. Ich setze auf einen Doppelsieg am 24. September in Ludwigshafen: für Peter Uebel und für Torbjörn Kartes.
Die Erfahrung zeigt: Wir brauchen echte Marathonläufer an der Spitze. Viele Themen stehen an.
Eines der drängendsten ist ein Langzeitthema: Was wäre ein Neujahrsempfang ohne das Thema Hochstraße Nord?Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt hat es mir noch einmal persönlich bestätigt: Er steht zu der Finanzierungszusage, die sein Vorgänger Peter Ramsauer gegeben hat. Das Land muss jetzt Farbe bekennen. Ich bin mit Eva Lohse einig: Wir wollen in diesem Jahr die Finanzierung der Hochstraße Nord unter Dach und Fach bringen.
Sie sehen, im neuen Jahr liegen viele neue Anfänge vor uns. Dazu fällt mir der Satz von Konrad Adenauer ein, der Monika Marons Zitat sehr ähnlich ist:
„Man darf niemals ‚zu spät‘ sagen. Auch in der Politik ist es niemals zu spät. Es ist immer Zeit für einen neuen Anfang.“
In diesem Sinne wünsche ich Ihnen allen ein glückliches und erfolgreiches Jahr 2017!
Herzlichen Dank!
Liebe Gäste,
wir haben in Deutschland eine starke Stimme, die sich immer wieder als Anwalt der Demokratie Gehör verschafft und großen Respekt genießt: Bundestagspräsident Norbert Lammert. Deshalb freuen wir uns alle, dass Sie da sind! Wir sind alle gespannt darauf, was Sie uns heute mit auf den Weg geben.