Reden

Welterbe für die Zukunft bewahren. Bilanzen und Perspektiven zum 50-jährigen Jubiläum der UNESCO-Welterbekonvention

Sehr geehrte Frau Professorin Senz, sehr geehrter Herr Professor Schmitt,
sehr geehrte Damen und Herren,
liebe Studierende,

 

1. ich freue mich sehr, Sie heute hier in Heidelberg zu dieser Tagung anlässlich des 50-jährigen Bestehens der UNESCO-Welterbekonvention im Namen der DUK begrüßen zu dürfen.

 

Ich danke unseren Partnern, insbesondere Ihnen, Herr Prof. Schmitt und Ihrem Team vom Heidelberg Center for Cultural Heritage dafür, dass wir diese Veranstaltung so tatkräftig gemeinsam organisieren konnten.

 

2. Ich freue mich persönlich sehr,

hier in Heidelberg dieses Jubiläum zu begehen.

 

Hier spüren wir das Potenzial der UNESCO-Netzwerke besonders: Heidelberg ist UNESCO City of Literature,

in der Nachbarschaft befindet sich Mannheim, die UNESCO City of Music,

es liegt am UNESCO-Geopark Bergstraße-Odenwald,

nahe am UNESCO-Welterbe der SchuM-Stätten in Worms, Speyer und Mainz und der Welterbestätten Kaiserdom zu Speyer und Kloster Lorsch gelegen.

Drei UNESCO-Projektschulen liegen zudem im Stadtgebiet Heidelbergs.

In der Universitätsbibliothek lagert ein Lied-Einblattdruck des UNESCO-Weltdokumentenerbes als Erinnerungsstück an die Reformation.

Und wir haben heute den Vertreter des einzigen UNESCO-Lehrstuhls

Baden-Württembergs, hier in Heidelberg, Prof. Siegmund, unter uns.

 

3. „Dem lebendigen Geist“,

wie es über dem Eingang der Neuen Universität steht, diese Widmung

hat heute eine doppelte Bedeutung für uns: Wir erfahren nicht nur den lebendigen Geist dieses UNESCO-Netzwerkes,

sondern auch den lebendigen Geist der UNESCO-Welterbekonvention.

 

4. Wir wollen zusammen mit internationalen Expertinnen und Experten das 50-jährige Bestehen dieser UNESCO-Welterbekonvention würdigen.

Wir ziehen dabei nicht nur eine Zwischenbilanz,

sondern wir setzen uns vor allem mit Fragen zur zukünftigen Entwicklung des UNESCO-Welterbe-Programms auseinander.

5. Das „Übereinkommen zum Schutz des Kultur- und Naturerbes der Welt“,

die sogenannte Welterbekonvention, wurde vor 50 Jahren von den Vertragsstaaten der UNESCO verabschiedet.

194 Staaten - die ganze Welt - hat es unterzeichnet!

 

Die Konvention ist eines der erfolgreichsten internationalen Schutzinstrumente für einzigartige Kultur- und Naturerbestätten:

  • Sie verbindet alle Kontinente, alle Kulturen.

  • Sie eint uns in der Überzeugung, dass wir ein gemeinsames Erbe besitzen.

  • Und sie verpflichtet die Vertragsstaaten dazu, dieses vielfältige Erbe zu schützen und zu erhalten.

 

Diese Vielfältigkeit unseres globalen Kultur- und Naturerbes ist offensichtlich, wenn wir uns die die Liste des UNESCO-Welterbes vor Augen führen: Zu den Welterbestätten gehören Altstädte, Kulturlandschaften, archäologische Stätten, religiöse Bauten und Industriedenkmäler genauso wie Wildnisgebiete, Bauten der Moderne und Zeugnisse der Erdgeschichte.

 

Dass vor 50 Jahren ein so wirkungsmächtiges Programm für eine Kultur der Nachhaltigkeit geschaffen wurde, ist ein Grund zum Feiern.

 

6. Doch Feiern fällt in der aktuellen Situation schwer.

Der brutale Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine ist eine humanitäre Katastrophe.

Er zerstört nicht nur Menschenleben, sondern bedroht auch die kulturelle Identität der Ukraine!

Ganz konkret gefährdet der Krieg sieben Welterbestätten.

Sie stehen unter dem Schutz der Weltgemeinschaft und das hat auch völkerrechtliches Gewicht.

 

7. Unser Leitbild in der Verfassung der UNESCO ist somit relevanter denn je: „Da Kriege im Geiste der Menschen entstehen, muss auch der Frieden im Geist der Menschen verankert werden.“

 

Dazu können Welterbestätten beitragen: Welterbestätten sind nicht allein Orte, die es zu schützen und zu erhalten gilt –

sie sind auch Orte der Begegnung und des Austausches, der gegenseitigen Toleranz und Wertschätzung.

Die aktuell 1.154 Welterbestätten bilden ein weltweites Netzwerk, welches alle Menschen verschiedenster Kulturen verbindet. Welterbestätten leisten damit einen unverzichtbaren Beitrag zur Völkerverständigung.

 

8. Die Deutsche UNESCO-Kommission wirkt als UNESCO-Nationalkommission und Mittlerorganisation zwischen Politik, Zivilgesellschaft und allen an UNESCO-Welterbe-Prozessen Beteiligten maßgeblich an der Umsetzung der Welterbekonvention in Deutschland mit.

 

Als zentrale Ansprechpartnerin für die 51 Welterbestätten in Deutschland vernetzen wir Akteurinnen und Akteure aus Welterbemanagement, Denkmalpflege, öffentlicher Verwaltung, Tourismus, Wissenschaft und Zivilgesellschaft.

So bieten wir beispielsweise Tagungen – wie die heutige – und Workshops zu unterschiedlichen welterberelevanten Themen mit wechselnden Partnern an.

Mit Aktionen wie dem jährlichen, bundesweiten UNESCO-Welterbetag seit 2005, ist es uns gelungen, die Aufmerksamkeit der Medien, der Politik und der gesamten Öffentlichkeit auf das Welterbe zu lenken.

Und diese Aufmerksamkeit müssen wir nutzen, um Lösungen für die aktuellen und zukünftigen Herausforderungen zu erarbeiten und zu vermitteln!

9. Denn nicht nur Krisen und Kriege bedrohen das Welterbe.

Auch der Klimawandel ist ein großes Risiko für Welterbestätten.

Er wirkt sich gravierend und teils unwiderruflich auf diese Stätten aus.

 

Wir wissen, dass sich unsere Herangehensweise beim Erhalt unseres Erbes wandeln muss:

Nur mit ganzheitlichem und nachhaltigem Handeln können wir die Weichen dafür stellen, dass zukünftige Generationen die gleichen Chancen auf ein erfülltes Leben haben.

 

Die 2015 von allen UN-Mitgliedsstaaten verabschiedete Agenda 2030 gibt uns den Fahrplan für eine solche nachhaltige Entwicklung.

10. Als Labore der nachhaltigen Entwicklung können Welterbestätten dazu beitragen, diese Ziele zu erfüllen.

Sie können ganz konkrete Lösungen im Kampf gegen den Klimawandel liefern. So hat die Deutsche UNESCO-Kommission Anfang September das Projekt „Young Climate Action for World Heritage“ aus der Taufe gehoben: Schüler und Schülerinnen an UNESCO-Projektschulen lernen an Welterbestätten die Auswirkungen des Klimawandels kennen.

Zudem entwickeln sie praxisorientierte Ideen, wie dessen Effekte abgemildert werden können.

Und die Welterbestätten können mit ihrer großen Signalwirkung, nachahmenswerte Umsetzungsideen vermitteln.

11. Trotz herausfordernder Aufgaben für die Zukunft, bin ich überzeugt, dass die Welterbekonvention mit ihrer Wirkung in Politik, Wirtschaft und Gesellschaft unsere Welt nachhaltig zum Positiven verändert hat und verändern wird.

Das ist eine wesentliche Erfahrung, die ich als Präsidentin des Welterbekomitees 2015 gemacht habe und die ich mit Mechtild Rössler, der ehemaligen Direktorin des Welterbezentrums, und vielen hier teile, und die uns antreibt.

Die Deutsche UNESCO-Kommission wird diese positive Veränderung weiter begleiten.

Wir freuen uns, Sie alle in Ihrem Einsatz für dieses Ziel zu unterstützen.

 

12. Wir bedanken uns an dieser Stelle für Ihr Engagement in der Bewahrung, der Vermittlungs- sowie der Forschungsarbeit.

Besonders bei Ihnen, Herr Prof. Schmitt. Sie waren im Rahmen der von Ihnen organisierten Ringvorlesung „50 Jahre Welterbekonvention: Bilanz und Perspektiven“ ganz intensiv in der Vermittlungsarbeit und der Inklusion der jungen Generation engagiert.

13. Bilanz und Perspektiven – genau das werden wir im Folgenden diskutieren. Ich freue mich auf den Austausch mit Ihnen allen.

Ich freue mich, dass wir heute diskutieren, wie wir das Welterbe für die Zukunft bewahren können.

Lassen Sie uns gemeinsam Bilanzen ziehen.

Lassen Sie uns konstruktiv nach vorne blicken, um eines der erfolgreichsten Schutzinstrumente unseres Kultur- und Naturerbes weiter mit Leben zu füllen und weiterzuentwickeln.

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