- Es gilt das gesprochene Wort -
Sehr geehrte Damen und Herren,
sehr geehrte Frau Staatsministerin Müntefering,
liebe Freiwillige,
ich freue mich, dass Sie heute in der Barenboim-Said-Akademie in Berlin zusammengekommen sind. Ein waschechter Berliner, der nur wenige Meter von hier in der Jägerstraße zur Welt kam, hat einmal gesagt:
„Die gefährlichste aller Weltanschauungen ist die Weltanschauung der Leute, welche die Welt nicht angeschaut haben.“
Sie, liebe Freiwillige, werden sich die Welt bald ganz genau anzuschauen. Und ich denke, Alexander von Humboldt, der die Welt von Berlin aus erkundete, würde Sie beglückwünschen zu Ihrer Entscheidung.
Ich jedenfalls freue mich, dass Sie in wenigen Tagen den Blick über den Tellerrand wagen. Und darüber, dass Sie dies mit uns, der Deutschen UNESCO-Kommission und kulturweit, tun. Für einige ist das sicher auch ein Sprung ins kalte Wasser. Andere von Ihnen waren vielleicht schon einmal längere Zeit im Ausland. Alle von Ihnen kennen sicher bereits das Gefühl,das sich vor einer großen Reise breit macht: dieses Kribbeln, das etwas Neues ankündigt; diese Mischung aus Vorfreude und Ungewissheit.
Liebe Freiwillige, es ist nicht immer leicht, auf die Welt zuzugehen, so wie Sie es jetzt tun werden. Dafür braucht es vor allem zwei Dinge: Mut und Offenheit.
Die Sicherheit des Bekannten für ein halbes oder ganzes Jahr mit kulturweit hinter sich zu lassen, braucht Mut. Denn was Ihnen bevorsteht, ist nicht eine Reise in ferne Länder. Es ist eine Chance, sich selbst und die Welt neu zu entdecken und besser zu verstehen. Damit Ihnen das gelingt, brauchen Sie Offenheit. Offenheit anderen gegenüber, aber vor allem auch Offenheit gegenüber sich selbst.
In den kommenden Wochen und Monaten werden Sie Ihren Alltag in einer anderen Sprache, in einem anderen Land, in einer anderen Gesellschaft bewältigen, die sie erst einmal verstehen müssen. Das beste Rezept dafür ist, Fragen zu stellen und zuzuhören. Sprechen Sie mit den Menschen, denen Sie begegnen. Lassen Sie sich erklären, was sie nicht verstehen. Und – das ist vielleicht der schwierigste Teil – fragen Sie sich auch selbst: Mit welchen Erwartungen gehe ich ins Ausland? Warum erscheinen mir Dinge fremd, die anderswo normal sind? Was will ich lernen und mit zurück bringen? Das ist, wenn ich so sagen darf, unsere Aufgabe für Sie.
Liebe Freiwillige, wir alle wollen eine Kultur der gegenseitigen Verständigung fördern. Damit das gelingt, dürfen nicht nur Staaten, sondern müssen Menschen miteinander sprechen. So steht es in der Verfassung der UNESCO. Nehmen Sie diese Forderung der UNESCO mit auf den Weg: Da Kriege in den Köpfen der Menschen entstehen, muss auch der Frieden in den Köpfen verankert werden.
Seit fast zehn Jahren lernen junge Menschen mit kulturweit im Ausland fürs Leben. Als wir unseren Freiwilligendienst gemeinsam mit dem Auswärtigen Amt ins Leben riefen, wollten wir dem internationalen Dialog dort eine neue Dimension geben, wo er seit langem erfolgreich geführt wird: An Goethe-Instituten, in deutschen Auslandsschulen, in UNESCO-Nationalkommissionen und an Hochschulen weltweit.
Die Auswärtige Kulturpolitik wird durch Sie jünger und vielfältiger. Sie wird bereichert um den jungen Blick auf das Leben in unserem Land. Die Einsatzstellen können mit Ihrer tatkräftigen Unterstützung mehr erreichen. Und Sie, liebe Freiwillige, haben die Chance zu erleben, wie Bildung und Kultur in anderen Teilen der Welt gestaltet werden. Sie können Länder von einer Seite kennenlernen, die den meisten Menschen verborgen bleibt.
Dass dies möglich ist, dafür danke ich an dieser Stelle auch ganz ausdrücklich Frau Staatsministerin Müntefering: Die Unterstützung durch das Auswärtige Amt und auch durch Sie persönlich trägt dazu bei, dass dieses erfolgreiche Programm weiterentwickelt werden kann.
Liebe Freiwillige, ich wünsche Ihnen eine spannende und erkenntnisreiche Zeit. Nutzen Sie diese einmalige Gelegenheit und machen Sie sich ein eigenes Bild von der Welt!