Eröffnungsrede bei dem Welterbetages der Deutsche UNESCO-Kommission in Wismar
Sehr geehrte Frau Ministerpräsidentin
Schwesig,
sehr geehrte Frau Schwarz,
sehr geehrter Herr Oberbürgermeister Dr.
Badrow,
sehr geehrter Herr Oberbürgermeister Dr.
Badenschier,
sehr geehrter Herr Landrat Schomann,
sehr geehrter Herr Bürgermeister Beyer,
sehr geehrter Herr Hesse,
sehr geehrter Herr Haspel,
liebe Vertreterinnen und Vertreter der
Welterbestätten,
liebe Gäste,
im Namen der Deutschen UNESCO-
Kommission begrüße ich Sie sehr herzlich zur
bundesweiten Eröffnung des diesjährigen
UNESCO-Welterbetags. In diesem Jahr feiern
wir weltweit ein ganz besonderes Jubiläum:
Die Welterbekonvention, das bekannteste und
erfolgreichste Instrument der Friedensarbeit
der UNESCO, wird 50 Jahre alt! Deswegen
steht auch der deutschlandweite UNESCO-
Welterbetag heute unter dem Motto: „50 Jahre
Welterbekonvention: Erbe erhalten – Zukunft
gestalten.“ Es ist uns eine große Freude, dass
wir das Jubiläum heute mit hochrangigen
Vertreterinnen und Vertretern aus Politik und
Zivilgesellschaft, und mit Ihnen allen, die sie
dem Welterbegedanken verbunden sind, feiern
können!
2005 haben die Deutsche UNESCO-
Kommission und der Verein UNESCO-
Welterbestätten Deutschland diesen
Aktionstag ins Leben gerufen. Unser Anliegen
war es damals und ist es heute, das
UNESCO-Welterbe den Bürgerinnen und
Bürgern nahezubringen, es allen erlebbar zu
machen.
Ich freue mich, dass sich der erste Sonntag im
Juni mittlerweile fest auf der Agenda der
mittlerweile 51 Welterbestätten in Deutschland
etabliert hat. Fast 200 Veranstaltungen an
Welterbestätten in Deutschland – von der
Nordseeküste bis an die Alpen – und diverse
digitale Angebote, von Videos, Live-
Streamings und anderen virtuellen
Vermittlungsangeboten bis zu unserem
Fotowettbewerb: die Bandbreite des
Programms ist enorm.
Heute kommt die besondere Freude hinzu,
dass es der erste Welterbetag ist, der wieder
„analog“ stattfinden kann - nach der
zweijährigen Unterbrechung durch die
Pandemie, die die meisten Welterbestätten
hart getroffen hat, wenn plötzlich die
Besucherzahlen drastisch sanken.
Gleichzeitig war es sehr beeindruckend zu
sehen, wie in den beiden schwierigen letzten
Jahren neue, digitale Möglichkeiten der
Begegnung, des Kennenlernens geschaffen
und von den Welterbestätten kreativ genutzt
wurden. An den digitalen Welterbetagen von
2020 und 2021 haben im Endeffekt sogar
mehr Menschen, gerade auch junge
Menschen die Welterbestätten digital entdeckt,
um dann aufzubrechen und sie einmal real zu
besuchen.
Zu erfahren, was das „Erbe der Menschheit“
bedeutet, zu erleben, wie eine Welterbestätte
uns weltweit miteinander verbindet – das ist
ein nie zu unterschätzender Effekt der
Vermittlungsaufgabe von Welterbestätten.
Gerade heute kommt ihr eine besondere, den
Friedensgedanken ins Zentrum stellende
Bedeutung zu!
Mit dem Welterbehaus wird Wismar dieser
Aufgabe beispielhaft gerecht, davon konnte ich
mich bei meinem letzten Besuch überzeugen;
dafür stehen auch Stralsund und alle anderen
Welterbestätten in Deutschland. Mit der
„Stiftung Welterbe“ strahlen Wismar und
Stralsund zudem auch international aus, wenn
sie weltweit gefährdete Welterbestätten
unterstützen! Der UNESCO-Gedanke der
Solidarität wird hier ganz handfest umgesetzt.
Schutz und Erhalt sind neben der Vermittlung
die zentralen Begriffe der UNESCO-
Konvention von 1972 – und sie fordern uns
auf, uns nicht auf das bloße Konservieren
zurückzuziehen, sondern die
Weiterentwicklung verantwortungsvoll in den
Blick zu nehmen.
Hier in Wismar wie auch in Stralsund mit den
eindrucksvollen Altstädten lässt sich die
Geschichte der Hansestädte seit der Blütezeit
des Städtebundes im 14. Jahrhundert wie in
einem Bilderbuch ablesen. Die Erzählung
dieses Bilderbuchs ist aber nicht
abgeschlossen – sie wird tagtäglich von
denjenigen weitergeschrieben, die in der
einmaligen historischen Kulisse ihre und
unsere Zukunft gestalten, in der Bildung, in der
Kultur, in der Wirtschaft.
Ich will die Gelegenheit nutzen, um Ihnen, sehr
geehrter Herr Bürgermeister Beyer, und Ihnen,
sehr geehrter Herr Oberbürgermeister Dr.
Badrow, sehr herzlich zum 20-jährigen
Jubiläum der Welterbestätte „Altstädte von
Stralsund und Wismar“ zu gratulieren.
„Zukunft gestalten“ – mit dem Motto des
diesjährigen UNESCO-Welterbetags richten
wir den Blick auch nach vorn. Denn
Welterbestätten sind geradezu prädestiniert,
um als Labore der Nachhaltigkeitswende zu
agieren. Nachhaltigkeit, Klimawandel und
Klimaresilienz sind Themen, die zahlreiche
Welterbestätten umtreiben und die sie zum
Gegenstand von Veranstaltungen machen.
Welterbestätten an Küsten spielen
beispielsweise eine wichtige Rolle bei der
Speicherung von Kohlenstoff in marinen
Ökosystemen und tragen zur Eindämmung
des Klimawandels bei. Auch die Integration
umweltverträglichen Handelns im
Management aller Welterbestätten ist eine der
wichtigsten Aufgaben unserer Zeit, Konzepte
für einen nachhaltigen Tourismus und eine
nachhaltige regionale Entwicklung inbegriffen.
In der aktuellen weltpolitischen Situation fällt
es schwer, das Jubiläum der
Welterbekonvention gebührend zu feiern. Die
Bilder und Nachrichten aus der Ukraine, die
uns täglich erreichen, erschüttern uns. Der
Angriffskrieg der Russischen Föderation auf
die Ukraine verursacht nicht nur eine
humanitäre Katastrophe, sondern gefährdet
auch wertvolle Kultur- und Naturgüter und
kulturelle Traditionen, darunter sieben
Welterbestätten. Die Aufmerksamkeit der
Weltgemeinschaft für das Welterbe bekommt
hier noch einmal ein ganz anderes
(völkerrechtliches) Gewicht.
Umso wichtiger scheint es mir, dass wir uns
den in der UNESCO-Verfassung formulierten
Auftrag an die internationale Staaten-
gemeinschaft als Leitbild unserer Arbeit in
Erinnerung rufen. Dort heißt es: „Da Kriege im
Geiste der Menschen entstehen, muss auch
der Frieden im Geist der Menschen verankert
werden.“
Besonders freue ich mich, dass heute auch
junge Menschen auf dieser Bühne zu Wort
kommen werden. Sie haben sich bereit erklärt,
ihren kritischen Blick auf das UNESCO-
Welterbe mit uns zu teilen und dafür danke ich
ihnen sehr. Das Welterbe liegt in den Händen
der heutigen und der nächsten Generation. Es
kommt darauf an, dass die junge Generation
dieses Erbe annimmt, es sich zu eigen macht,
es bewahrt, aber auch belebt, und es mit
wiederum mit kritischer Reflexion und Stolz
und Energie an die ihr nachfolgenden
Generationen weitergibt.
In diesem Sinne möchte ich Ihnen allen für Ihr
Engagement danken, insbesondere auch
Norbert Huschner und seinem Team, die sich
mit enormer Energie und Begeisterung für das
heutige Programm eingesetzt haben.
In Artikel 5 der Welterbe-Konvention werden
die Mitgliedstaaten aufgefordert, „eine
allgemeine Politik zu verfolgen, die darauf
gerichtet ist, dem Kultur- und
Naturerbe eine Funktion im öffentlichen Leben
zu geben“ – das können wir heute hier
gemeinsam nun unter Beweis stellen!